Das geheime Leben der Pilze – Netzwerke, Nährstoffe und neue Chancen


Pilze sind viel mehr als nur Champignons auf der Pizza oder Pfifferlinge im Herbst. Sie bilden ein eigenes Reich der Lebewesen – weder Tier noch Pflanze, sondern ein Organismus mit ganz besonderen Fähigkeiten. Ob in der Küche, als Heilmittel, in der Umwelt oder sogar in der Forschung zu psychedelischen Substanzen: Pilze eröffnen uns einen faszinierenden Blick auf die unsichtbare, aber mächtige Welt unter unseren Füßen.

Pilze als kulinarische Alleskönner

  • Vielfalt in der Küche: Von klassischen Speisepilzen wie Champignons, Shiitake und Austernpilzen bis zu edlen Sorten wie Steinpilz oder Trüffel sind Pilze wichtige Eiweißquellen in der veganen Ernährung.
  • Nährstoffe: Sie liefern B-Vitamine, Vitamin D (bei Lichteinwirkung), Selen, Zink und Ballaststoffe.
  • Fermentation: Pilze und Hefen sind die Basis vieler fermentierter Lebensmittel – von Kimchi über Miso bis zu Sauerteig. Diese Lebensmittel unterstützen die Darmflora (Mikrobiom) und damit das Immunsystem.

Unsichtbare Netzwerke: Myzel und das „Wood Wide Web“

Unter der Erde bilden Pilze kilometerlange Myzel-Netzwerke, feine Fäden (Hyphen), die Bäume und Pflanzen verbinden. Dieses „Wood Wide Web“ ermöglicht:

  • Nährstoffaustausch: Pflanzen teilen über Pilze Zucker, Stickstoff und Mineralstoffe.
  • Resilienz: Kranke Bäume werden unterstützt, junge Bäume profitieren von älteren Nachbarn.
  • Ökologische Schlüsselrolle: Pilze sind Zersetzer (Destruenten) – sie bauen organisches Material ab und schließen den Kohlenstoffkreislauf.
  • Nachhaltig: Forschende haben entdeckt, dass bestimmte Pilzarten – etwa Pestalotiopsis microspora – sogar Kunststoffe wie Polyurethan abbauen können. Damit könnten Pilze in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Lösung des Plastikproblems spielen.

Pilz: Gemeiner Schwefelporling

Pilze können auch giftige Farben haben
Foto: clyde-gravenberch-uj253l7xPFU-unsplash

Pilze in Medizin & Forschung

  • Antibiotika: Das berühmteste Beispiel ist Penicillin, gewonnen aus dem Schimmelpilz Penicillium notatum.
  • Krebs- und Immunforschung: Vitalpilze wie Reishi (Ganoderma lucidum)Chaga und Cordyceps stehen im Fokus der medizinischen Forschung.
  • Nachhaltigkeit: Myzel wird als biologisch abbaubarer Kunststoff- oder Lederersatz getestet – ein Trend für nachhaltige Materialien.

Heilpilze – traditionelle Begleiter für Gesundheit

Neben Speisepilzen und fermentierten Lebensmitteln spielen auch sogenannte Heilpilze eine immer größere Rolle. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und in modernen ganzheitlichen Ansätzen werden sie seit Jahrhunderten genutzt, heute rücken sie auch in der westlichen Forschung stärker in den Fokus.

Pilz: Reishi

Heilpilz Reishi
Foto: noonbrew-Kkzk82U12WY-unsplash

Hier ein paar Beispiele für Heilpilze:

  • Reishi (Ganoderma lucidum): Bekannt als „Pilz der Unsterblichkeit“. Traditionell wird er mit Immunsystem-Stärkung, Stressreduktion und Schlafqualität in Verbindung gebracht.
  • Cordyceps: Ein seltener Pilz, der in der Natur an Raupen wächst (in der veganen Praxis wird er biotechnologisch kultiviert). Ihm werden leistungssteigernde Effekte und positive Wirkungen auf die Energieversorgung nachgesagt.

Pilz: Cordyceps

Heilpilz Cordyceps
Foto: noonbrew-lOzvCmXRWJU-unsplash

Heilpilze gelten als funktionelle Lebensmittel (Functional Foods), die Körper und Geist unterstützen können.

Psychedelische Pilze – Medizin mit Geschichte

Einige Pilzarten enthalten psychoaktive Wirkstoffe wie Psilocybin und Psilocin. Dazu gehören:

  • Psilocybe cubensis („Magic Mushrooms“)
  • Psilocybe semilanceata (Spitzkegeliger Kahlkopf)

Wirkung:

  • verändertes Bewusstsein, verstärkte Sinneseindrücke, spirituelle Erfahrungen.

Forschung:

  • Klinische Studien zeigen Potenzial bei der Behandlung von Depressionen, Angststörungen und posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS).
  • Psilocybin wirkt auf das Serotonin-System im Gehirn und fördert neuronale Plastizität.

⚠️ Hinweis: Der Konsum dieser Pilze ist in vielen Ländern verboten. Forschung findet nur in kontrollierten klinischen Studien statt.

Filme & Dokus über Pilze

Pilz: Weißer Korallenpilz

Pilze können auch aussehen als wuchsen sie im Meer: Korallenpilz
Foto: mason-unrau-7HNiyoboBog-unsplash

Mehrere Dokumentationen haben das „geheime Leben der Pilze“ eindrucksvoll visualisiert:

  • Fantastic Fungi (2019): Atemberaubende Zeitrafferbilder, Fokus auf Myzel, Gesundheit und Nachhaltigkeit.
  • Im Königreich der Pilze (2018): Wissenschaftlicher Blick auf das Pilzreich.
  • Planet e. – Die geheime Macht der Pilze (ZDF, 2020): Pilze als Überlebenskünstler und Innovationsquelle.
  • Super Fungi (ARTE): Myzel als Vorbild für moderne Technologien.
  • Das geheimnisvolle Leben der Pilze (ORF/3sat): Von Naturbeobachtung bis Mythen.

Diese Filme zeigen eindrucksvoll, wie Pilze unser Leben prägen – sichtbar und unsichtbar.

Pilzkultivierung – vom Hightech-Betrieb bis zur eigenen Küche

Pilze sind faszinierend nicht nur in der Natur, sondern auch in der Kultivierung. Ob auf großen Pilzfarmen oder im kleinen DIY-Anbau zu Hause – ihre Zucht unterscheidet sich deutlich von klassischem Gemüseanbau.

Pilzfarmen

  • Substratanbau: Im Gegensatz zu Pflanzen benötigen Pilze keine Erde, sondern ein Substrat (z. B. Stroh, Holzspäne, Kaffeesatz), das mit Pilzmyzel geimpft wird.
  • Kontrollierte Bedingungen: Industrielle Betriebe steuern Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Licht präzise, damit Pilze gleichmäßig und hygienisch wachsen.
  • Beliebte Arten: Champignons, Austernseitlinge, Shiitake – sie sind ertragreich und gut für den Massenanbau geeignet.
  • Nachhaltigkeit: Pilzfarmen gelten als ressourcenschonend, da sie auf Reststoffen wachsen können und vergleichsweise wenig Wasser verbrauchen.

Pilz: Shiitake

Pilze werden oft auf Pilzfarmen gezüchtet
Foto: yao-oo-e-anaPtwWX0-unsplash

Pilze züchten zu Hause

  • Pilzboxen: Fertig-Sets mit geimpftem Substrat machen es einfach, Pilze in der Küche oder im Keller zu ziehen.
  • Kaffeesatz-Recycling: Besonders Austernpilze gedeihen gut auf gebrauchtem Kaffeesatz – ein nachhaltiger Einstieg.
  • Benötigt werden: Ein feuchtes, nicht zu warmes Klima und ein wenig Geduld – das Myzel durchwächst erst das Substrat, bevor die Fruchtkörper erscheinen.
  • DIY-Trend: Urban Gardening-Communities nutzen Pilzzucht als Beispiel für Kreislaufwirtschaft: Abfälle werden zu wertvollen Lebensmitteln.

Tipp: Wer experimentieren möchte, sollte mit Austernpilzen starten – sie sind robust, wachsen schnell und schmecken aromatisch.

Pilz: Austern-Seitling

Pilze selber züchten
Foto: victor-birai-QG-hkdwFMsc-unsplash

⚠️ Hinweis: Psychedelische Pilze dürfen nicht zu Hause gezüchtet werden, da sie in den meisten Ländern illegal sind.

Fazit

Pilze sind wahre Multitalente der Natur:

  • Als Lebensmittel bereichern sie die vegane Herbstküche.
  • Über ihr Myzel sind sie das Rückgrat ganzer Ökosysteme.
  • In der Medizin liefern sie Wirkstoffe von Antibiotika bis Psilocybin.
  • Als Innovationstreiber inspirieren sie nachhaltige Materialien und Technologien.

Ob auf dem Teller, im Labor oder im Wald – das geheime Leben der Pilze verbindet Natur, Wissenschaft und Zukunft.

Falls du jetzt noch nicht genug hast von Pilzen, hier findest du Rezepte auf dem Brain Food Magazin mit Pilzen!

Viel Glück beim Pilzesammeln – und denk daran: Nur die essbaren gehören ins Körbchen!


Sandra Strixner Gründerin des Brain Food Magazin und ganzheitliche Gesundheitsberaterin.

Sandra Strixner

ist eine Genussweltenbummlerin die gerne neue Länder und Kulturen entdeckt. Rezepte auf Pflanzenbasis zu entwickeln lässt ihr Herz höher schlagen. Sie ist ein Green-Networker und beschäftigt sich mit Persönlichkeitsentwicklung, Ernährungslehre und Tierschutz. Als geprüfte Fachberaterin für holistische Gesundheit darf sie Menschen dabei begleiten sich selbst zu heilen.


Quellen & weiterführende Literatur
  1. Stamets, P. (2005). Mycelium Running: How Mushrooms Can Help Save the World. Ten Speed Press.
  2. Sheldrake, M. (2020). Entangled Life: How Fungi Make Our Worlds, Change Our Minds & Shape Our Futures.Random House.
  3. Carhart-Harris, R. L. et al. (2016). Psilocybin with psychological support for treatment-resistant depression: an open-label feasibility study. The Lancet Psychiatry.
  4. ZDF (2020). planet e. – Die geheime Macht der Pilze.
  5. Schwartzberg, L. (2019). Fantastic Fungi [Dokumentarfilm].

Titelbild: irina-iacob-0B0KymGeadA-unsplash