Männer, zeigt eure Verletzlichkeit!


Ein Thema das mich wirklich sehr beschäftigt und in dem ich mich selbst immer wieder üben darf, ist die Verletzlichkeit. Ich glaube wir können nur wahrhaft tiefe Beziehungen führen wenn wir uns authentisch zeigen. Damit meine ich auch die vermeintlich häßlichen oder schwachen Seiten, denn sie gehören genauso zu uns wie unsere Stärke, Freude oder Leichtigkeit. Erst Schwächen machen uns menschlich. Meiner Erfahrung nach ist es für Frauen etwas leichter diese Seite an sich zu zeigen und auch zu akzeptieren. Da Frauen bereits als Kinder etwas anders erzogen wurden, sie durften weinen und melancholisch sein – viele Männer hingegen wurden dazu erzogen Schmerzen auszuhalten ohne Gefühle zu zeigen. Ich bin froh, dass es Ausnahmen gibt und sehe bereits einen langsamen Wandel in den heutigen Heranwachsenden. Ich hoffe die nächsten Generationen werden Kinder und Erwachsene nicht mehr geschlechterspezifisch behandeln sondern einfach nach dem was sie sind: Menschen.

Männer die weinen sind keine richtigen Männer

Wir Frauen beschweren uns oft, dass Männer nicht genug Gefühle zeigen können. Wenn wir Gefühle sagen, meinen wir natürlich Romantik, Liebe, Leidenschaft, Freude usw. nur wenige von uns sprechen dabei auch von Trauer und Schwäche. Das Bild von einem Mann, ist in unserer Gesellschaft immer noch sehr einseitig: Er ist der Versorger, die starke Schulter, der Beschützer. Der Ideal-Mann ist also ein Übermensch. Doch dieser Ultraman existiert schlichtweg nicht – und das ist auch gut so!

Wenn ein Mann vor mir weint, ist das der schönste Vertrauensbeweis, den er mir geben kann.

Ich bin ehrlich, erst wenn ich in einer Beziehung auch einen Tiefpunkt mit meinem Partner durchschritten habe und wir uns auch in schlechten Zeiten miteinander verbinden konnten, glaube ich an eine Zukunft mit diesem Partner. Wir alle wollen an Tiefpunkten jemanden an unserer Seite der uns versteht und akzeptiert. Auch Männer wollen ihre Gefühle zeigen dürfen.

Wenn wir uns verletzliche und ehrliche Beziehungen mit Männern wünschen, müssen wir uns fragen, geben wir den Männern auch den Raum den es braucht für Verletzlichkeit? Schaffen wir eine Umgebung in der er sich zeigen kann wie ein normaler Mensch oder erwarten wir von ihm dass er sich immer in seiner gesellschaftlich auferlegten Rolle des starken Übermenschen befindet?

Männer dürfen auch in einer Beziehung ihre Verletzlichkeit zeigen.

Viele Menschen sind überfordert von Verletzlichkeit

Ich selbst habe mich mindestens einmal so richtig falsch verhalten als sich ein Mann mir gegenüber verletzlich gezeigt hat. In dem Moment habe ich es natürlich nicht böse gemeint, ich dachte ich tue das Richtige.

Mein damaliger Freund befand sich in einer Krise, wir diskutierten gerade über die gemeinsame Zukunft, als er sich auf einmal setzen musste, sein Körper fing heftig an zu beben und ihm floßen unkontrolliert die Tränen über die Wangen. Ich hatte ihn noch nie so gesehen und muss zugeben, dass ich erst einmal überfordert war mit der Situation. Er stammelte irgendwas aber anstatt ihn ausreden zu lassen began ich bereits die starke Schulter zu spielen und versuchte ihn durch tröstende Worte wieder zu besänftigen.

Erst nach dieser Erfahrung erkannte ich, was ich hätte besser machen können. Um die Bedürfnisse des anderen zu verstehen, muss man selbst einmal in der Rolle des Verletzlichen gesteckt haben oder sich zumindest in die Situation reinversetzen können. Er hat es gerade geschafft sich verletzlich zu zeigen,  das Beste was du ihm geben kannst ist Verständnis, ein offenes Ohr, eine sanfte Umarmung und Liebe. Ich hatte ihn mit meinen tröstenden Worten gar keinen Raum gegeben seine Gefühle spüren zu dürfen. Ich wollte ihm helfen die Situation auflösen, dabei geht der Schmerz von alleine, wenn wir ihn richtig gefühlt haben und nicht versuchen ihn zu unterdrücken. Alles was wir tun müssen, ist den Gefühlen den nötigen Raum zu geben.

Männer dürfen auch in einer Beziehung ihre Verletzlichkeit zeigen.

Ich liebe dich egal ob schwach, stark, traurig oder freudig.

Worte sind erst einmal Fehl am Platz, umarme den anderen falls er es zulässt oder nimm seine/ihre Hand. Lass ihn oder sie erzählen oder einfach nur weinen. Wenn du merkst, dass der Redefluss weniger wird und sich der andere durch das fließen lassen der Tränen gereinigt hat, kannst du das Wort ergreifen. Versuche dich dabei selbst zu öffnen und mitfühlend zu sein.

Das kannst du zu einem verletzten Menschen sagen:

  • Ich fühle mit dir.
  • Es tut mir leid, dass du da durch musst.
  • Ich glaube es gibt gerade einfach keine Worte die dir helfen können, ich möchte einfach für dich da sein.
  • Glaub mir, es wird wieder gut auch wenn es jetzt nicht danach aussieht.

Sprich einfach aus was dir dein Gefühl sagt, was du in Liebe aussprichst wird auch so empfangen werden.

Natürlich dürfen auch Frauen die starke Schulter sein, die Beschützerin und die Tröstende, dennoch ist es wichtig, der verletzlichen Person erst einmal den Raum zu geben um sich selbst wieder zu ordnen. Lass ihn oder sie erzählen, die Gefühle müssen fließen dürfen und sollten nicht gestoppt werden durch lieb gemeinte Sätze wie: „Es gibt keinen Grund zu weinen.“

Tränen sind das Ablassventil unserer Seele, wenn alles zu viel wird, kann über den Tränenfluss der Druck abweichen. Unterbrechen wir den Prozess, verbleibt ein Restgefühl, welches uns dann weiterhin begleitet.

Wichtig ist es auch, der anderen Person zu zeigen, dass es völlig ok ist was gerade passiert. Wir lieben und akzeptieren diese Person egal ob sie traurig, glücklich, stark oder schwach ist.

Männer dürfen auch in einer Beziehung ihre Verletzlichkeit zeigen.

Eine Beziehung mit Tiefe muss durch Tiefen gehen können

Sei ehrlich zu dir, wie lange kannst du deine verletzliche Seite in einer wirklich engen Beziehung oder Freundschaft geheim halten? Früher oder später wird das Leben dir eine Gelegenheit schenken, in der du dich verletzlich zeigen darfst. Dabei kannst du nicht kontrollieren ob dein Gegenüber dann mit Verständnis reagieren wird aber du kannst äußern was du dir in dieser Situation vom anderen wünschst:

  • Ich möchte im Moment nicht reden, kannst du mich einfach in den Arm nehmen?
  • Kannst du erst zuhören? Ich möchte etwas erzählen.
  • Ich brauche dich jetzt als gefühlvollen Menschen.
  • Ich brauche gerade einfach Liebe.
  • Bitte lass uns nicht sachlich darüber sprechen, sachlich lässt sich nicht erklären was ich gerade fühle.

Ich hoffe du kannst dich in deiner Beziehung mit anderen Menschen verletzlich zeigen und konntest auch ein paar Gedanken mitnehmen wie man anderen den Raum gibt sich zu öffnen.

Von Herzen alles Liebe,

Ein Gutes Buch zum Thema Verletzlichkeit, das ich dir gerne weiterempfehlen möchte ist von Brene Brown: Verletzlichkeit macht stark*


Sandra Strixner

ist eine Genussweltenbummlerin die gerne neue Länder und Kulturen entdeckt. Rezepte auf Pflanzenbasis zu entwickeln lässt ihr Herz höher schlagen. Sie ist ein Green-Networker und beschäftigt sich mit Persönlichkeitsentwicklung, Ernährungslehre und Tierschutz. Als geprüfte Fachberaterin für holistische Gesundheit darf sie Menschen dabei begleiten sich selbst zu heilen.


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photocredits:
Mann mit tätowierten Händen – Ayo Ogunseinde
Weinender Mann – Tom Pumford
Hände die sich halten – Elizabeth Tsung
Küssendes Paar – Joanna Nix